Die Geschichte der Stoffwindel
Kann sich eigentlich noch jemand an die Zeit vor Pampers & Co erinnern? Wenn wir Großmutter fragen, kriegen wir noch einen kleinen Eindruck von der Wickeltechnik vor der Plastikvariante. Doch Tatsache ist: Vor dem Jahr 1961 kannte keiner Pampers & Co, in Deutschland sogar nicht vor 1973 – die Stoffwindel war an der Tagesordnung. Erst Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde die Einwegwindel erfunden, der Trend kam aus Amerika. Bis dahin zierten die Popos der Babys verschiedene Stoffwindelvarianten. In manchen Ländern werden die Stoffwindeln noch heute aus Überzeugung benutzt! Doch die Stoffwindeln selbst sind nicht alt. Vor ihnen wurde improvisiert.
Die Industrialisierung machte die ersten Windeln aus Stoff möglich
Stoffwindeln sind die ersten Varianten der Wickeltechnik. Vor ihnen wurden die Babys anderweitig eingepackt: „Fatschen“ war weitverbreitet – eine strenge Wickeltechnik, bei der das gesamte Baby eingewickelt wurde und keinerlei Bewegungsfreiheit mehr hatte. Es ist zu vermuten, dass von dieser Technik auch das Wort Windel abstammt: Von „winden“, das sich auf die Bänder bezieht, die das Gesamtpaket zusammenhielten. Im 18. Jahrhundert kamen erste Windeltechniken auf: z.B. Schafwollhöschen mit Stroh und Heu.
Ende des 18. Jahrhunderts wurden erste Techniken mit Tüchern angewandt. Drei Tücher wurden übereinander gewickelt, wovon das mittlere oft in Olivenöl, heißes Fett oder Bienenwachs getaucht war. Das gewährleistete damals die Dichte des Wickelpakets. Diese Windeln können wohl als erste Stoffwindeln bezeichnet werden.
Sobald die Kinder laufen konnten, wurden ihnen jedoch keine Tücher mehr gegeben – das Trockenwerden war eine schnellere Sache als heute. Die ersten Stoffwindeln aus Baumwolle wurden im späten 19. Jahrhundert um Babys Po geschlungen, als Stoff und Tücher erschwinglicher wurden. Die Industrialisierung sorgte für bezahlbare Preise und entsprechende Verbreitung. Damals wurde eine Gummihose über den Stoff gezogen: Diese verhinderte das Austreten der Flüssigkeit, der Stoff saugte sie auf. Zur Reinigung wurden die Windeln dann zum Waschtag in den Zuber mit heißem Wasser ausgekocht. Viel Chemie gab es noch nicht – mit viel Wasser ausspülen war die Devise.
In den Sechziger Jahren eroberte dann die amerikanische Erfindung der Einwegwindel den Markt. Eine amerikanische Hausfrau kam bereits in den fünfziger Jahren auf die Idee. Aber es dauerte fast ein Jahrzehnt, bis die Industrie Vertrauen in die Innovation hatte. Mit gezielten Kampagnen wurden dann die Vorzüge dieser Windel angepriesen und so manche Hausfrau nahm die Neuerung dankend an.
Zweigeteiltes Land – zwei verschiedene Windeltraditionen
Während in den westlichen Regionen die Windeln aus Stoff fast vollständig aus den Haushalten verschwand, sah das im Osten ganz anders aus. Nicht alle deutschen Frauen konnten ihre Kinder in die luxuriöse Einwegwindel wickeln. In der damaligen DDR waren diese einfach zu schwer zu bekommen und zu teuer. Im Kommunismus waren Einwegwindeln Luxusware. Deswegen griffen hier viele Mütter bis zur Wende immer noch zu Stoffwindeln. Verbreitet waren Baumwoll- und Mullwindeln. Nachdem die Mauer fiel und auch Westprodukte in die östlichen Regale kamen, stiegen viele Mütter ebenfalls auf die Einmalwindel um. Das brachte das Phänomen zutage, dass plötzlich die Ostkinder an einer Epidemie von „Windelsoor“ erkrankten. Die Pilzinfektion war zu Zeiten der Stoffwindeln in der DDR nicht vorgekommen.
Die Wiederentdeckung der Stoffwindeln: Tradition und Überzeugung
In den letzten Jahren erleben die Stoffwindeln wieder einen Aufschwung und diese Wickeltechnik ein deutlich positiveres Image als bisher. In Zeiten der Einmalwindel wurden die Stoffwindeln als stinkendes und unhygienisches Monster dargestellt. Doch gerade in den letzten Jahren gerät die Plastikwindel in Negativschlagzeilen. Auch ein gesteigertes Umweltbewusstsein stärkt das Revival der Stoffwindeln. Während in Deutschland immer mehr Eltern aus Überzeugung zu Stoffwindeln statt zum industriellen Plastikersatz greifen, ist in manchen Ländern die Verwendung ungebrochen.
In Afrika beispielsweise gibt es weder Pampers noch Co. Vor allem in ländlichen Gebieten werden Teile der Wickeltücher als Windel verwendet. Diese sind bunt, mit Symbolen bedruckt und werden im nächsten Fluss ausgewaschen. In der westlichen Zivilisation werden Stoffwindeln immer weiter entwickelt: Es gibt Windelhöschen, Windeln zum Falten und ganze Stoffwindel-Systeme, die mit dem Baby mitwachsen.
In England erleben Stoffwindeln eine enorme Wiedergeburt. Werdende Eltern werden in Kursen auf das Wickeln vorbereitet, Gutscheine sollen die Entscheidung für die Stoffvariante erleichtern. Hier ist sogar ein ganzer Industriezweig aus dem neuen Stoffwindeltrend herausgewachsen: „WAHM“ – „working at home moms“. Hier fertigen begeisterte Mütter fantasievolle Stoffwindeln in Eigennäharbeit. Diese werden übers Internet vertrieben.
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